"Rhymecraft - Beat deiner Worte" (Innovationsfonds 2024)
Wie kann Musik die Resilienz von Inhaftierten und ihren Angehörigen stärken? Das Projekt "Rhymecraft", angesiedelt im Fachbereich soziale Arbeit / Kinder- und Jugendhilfe der KHSB, erkundet im Sommersemester 2024 gemeinsam mit Studierenden in einem Hip-Hop-Projekt, wie kreative Bewältigungsstrategien gefördert werden können.
Mit dem Innovationsfonds werden an allen Verbundhochschulen im Sommersemester 2024 Projekte aus angewandter Forschung und Lehre in den Bereichen Klima, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Resilienz gefördert, die an aktuellen oder zukünftigen Herausforderungen Berlins arbeiten.
Hier stellen wir das Musikprojekt “Rhymecraft” vor, das im Fachbereich soziale Arbeit / Kinder- und Jugendhilfe der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin angesiedelt ist, und sprechen mit Prof. Dr. Selin Arikoglu über die gesundheitlichen Vorteile von (Rap-)Musik und die Herausforderungen dieses Präventionsprojekts.
Frau Arikoglu, was haben Sie im Projekt "Rhymecraft" vor und wozu braucht es Vorzeigeprojekte wie dieses?
Bei “Rhymecraft” erkunden die Teilnehmenden, darunter Studierende, (ehemalige) Straffällige und Kinder von Inhaftierten in einem Hip-Hop-Projekt ihre Resilienzfaktoren und Selbstwirksamkeit. Das Projekt zielt darauf ab, kreative Bewältigungsstrategien zu fördern und eine alternative Perspektive für Straffällige zu bieten. Studierende setzen theoretische Kenntnisse in der Praxis mit der Dialoggruppe um und erstellen gemeinsam Hip-Hop-Tracks. Das Projekt soll nicht nur den Berliner Haftalltag junger Menschen aufzeigen, sondern auch als Präventions- und Aufklärungsprojekt dienen. Die Teilnehmenden lernen, ihre Lebenswelt kreativ auszudrücken, erhalten Anerkennung ohne straffällig zu werden und entwickeln Disziplin und Selbstbeherrschung. Wir möchten mit dem Projekt einen Perspektivwechsel für straffällige Menschen unterstützen und gleichzeitig angehenden Fachkräften im Umgang mit dieser Dialoggruppe Sensibilität vermitteln.
Wie ist der aktuelle Stand des Projekts? Gibt es Meilensteine, die bereits erreicht wurden, oder Herausforderungen, die noch bewältigt werden müssen?
Das Projekt befindet sich derzeit in der Umsetzungsphase. In mehreren Besprechungen haben wir die Projektidee vertieft, die Vorgehensweise erarbeitet und die Teilnehmer*innen auf die Tonstudioaufnahmen vorbereitet. In zwei intensiven Blockwochenenden im Juli 2024 werden dann die Aufnahmen der Rap-Songs in einem professionellen Tonstudio stattfinden. Aktuell stellt vor allem die Koordination der Zeitpläne der Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Lebenswelten eine logistische Herausforderung für uns dar.
Welche Fortschritte stellen Sie in Bezug auf die mentalen gesundheitlichen Vorteile der gemeinsamen Erarbeitung von Hip-Hop-Tracks fest? Gibt es bereits Erkenntnisse oder Rückmeldungen durch die Teilnehmenden?
Die teilnehmenden ehemaligen Inhaftierten/Straffälligen konnten im Rahmen des Projekts ihre Ressourcen stärken und ihre Bewältigungsstrategien erweitern. Das konstruktive Feedback von Studierenden und Lehrenden hat ihr Selbstbewusstsein nachhaltig gestärkt und ihnen ein Gefühl von Sichtbarkeit und Gehört-Werden vermittelt. Wir merken, dass sie durch die aktive Beteiligung am Projekt in der Rolle als Dozierende und die positive Resonanz der Studierenden und Lehrenden oft erstmalig ein Gefühl der gesellschaftlichen Teilhabe, unabhängig von ihrer Vergangenheit, erfahren. Somit wirkt das Projekt dem diskriminierenden und stigmatisierenden Gefühl entgegen, das mit ihrer Vorgeschichte verbunden sein kann.
Welche Rolle spielt die kreative Bewältigung von Herausforderungen im Projekt mit Blick auf Resilienz und Selbstwirksamkeitsstrategien? Gibt es bestimmte Techniken oder Übungen, die besonders wirksam sind?
Wir haben den Teilnehmer*innen einen geschützten Rahmen gegeben, in dem sie sich mit ihren biografischen Erfahrungen aus Kindheit, Jugendzeit und strafrechtlicher Vergangenheit auseinandersetzen können. Durch die kreative Verarbeitung dieser Erlebnisse in Form von Songtexten und Gedichten finden sie neue Ausdrucksmöglichkeiten für ihre Emotionen und gewinnen wertvolle Erkenntnisse über sich selbst. Auch konnten wir durch offene, empathische, selbstreflexive und wertschätzende Kommunikation in unterschiedlichen Gruppendiskussionen verschiedene positive Effekte erzielen: Die Teilnehmer*innen haben beispielsweise ein gestärktes Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Ressourcen entwickelt und ein klareres Bild von sich selbst und ihrer sozialen Wahrnehmung durch den Austausch mit anderen erlangt. Diese positiven Effekte tragen zur persönlichen Entwicklung der Teilnehmer*innen bei.
Welche Bedeutung hat die Dokumentation des Projekts durch einen Rap-Song und ein Video für die Teilnehmenden? Wie werden diese Medien genutzt, um die Stimmen der Teilnehmenden zu Gehör zu bringen und die Botschaft des Projekts zu verbreiten?
Um die Erlebnisse der Teilnehmer*innen zu dokumentieren und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, produzieren wir gemeinsam einen Rap-Song, den wir im Studio aufnehmen werden. Der Song soll auf verschiedenen Plattformen wie dem Instagram-Kanal der KHSB, der KHSB-Homepage und LinkedIn veröffentlicht werden. Darüber hinaus wird der Song in verschiedenen Lehrveranstaltungen eingesetzt, um die biografischen Erfahrungen der Teilnehmerinnen auf anschauliche und emotionale Weise zu vermitteln. Wir freuen uns auch, unser Projekt und den fertigen Song beim Wissenschaftsfestival Transferale im September 2024 präsentieren zu können.
Kontakt
Prof. Dr. Selin Arikoglu, KHSB
Professorin für Kinder- und Jugendhilfe
E-Mail: selin.arikoglu@khsb-berlin.de