Legionellen in der Leitung? Ein Retreat hat eine Lösung zur schnellen Identifizierung – nur das richtige Förderprogramm fehlt noch

Sommer in Berlin: Mit steigenden Temperaturen wächst auch das Risiko für Legionellen in Wasserleitungen – denn bei Wärme vermehren sich die Bakterien rasant. Im Dezember 2023 kamen Forschende und Praxispartner in einem zweitägigen Retreat zusammen, um gemeinsam innovative Ansätze zum Erkennen, Managen und Bekämpfen von Legionellen zu entwickeln. Zurzeit dauert der Nachweis der Bakterien in Trinkwasserinstallationen nach dem aktuell vorgeschriebenen Verfahren zu lange – Menschen können sich bereits infiziert haben. Die Lösung: Ein PCR-Test, dessen Ergebnis schon in wenigen Minuten vorliegen soll und Unternehmen verstärkte Sicherheit im Umgang mit ihren Kunden geben würde. Doch: Wie immer, braucht Forschung Fördermittel und bei einem Förderprogramm mit großer Konkurrenz war der Antrag nicht erfolgreich – Vorschläge für passende Ausschreibungen sind willkommen!
Legionella pneumophila – so der Fachbegriff für das Bakterium, das sich bevorzugt in warmem, stehendem Wasser vermehrt. Temperaturen zwischen 25 und 45 °C sind ideal. Beim Trinken ist eine Infektion selten (die Magensäure tötet die Bakterien ab), die Übertragung geschieht meist durch das Einatmen kontaminierter Aerosole, etwa beim Duschen. In Deutschland werden jährlich 6.000 bis 7.000 Erkrankungen geschätzt, besonders gefährdet sind ältere oder immungeschwächte Personen.
Legionellen in der Stadt: ein Risiko für viele Gebäude
In einer Metropole wie Berlin sind die Voraussetzungen für Legionellen günstig: komplexe Leitungsnetze, alte Gebäudestrukturen, hohe Nutzungsdichte. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales warnt vor allem vor Warmwasserleitungen, Rückkühlsystemen und Klimaanlagen als potenziellen Brutstätten. Nahe dem Ostbahnhof und direkt an der Spree liegt das Radialsystem V, ein Ort der Künste, an dem besonders in den Bereichen Tanz, Musiktheater und Konzert neue künstlerische Ausdrucksformen entwickelt und präsentiert werden. Es ist ein Aufsehen erregendes Gebäude, das ein ehemaliges Abwasserpumpwerk mit einem modernen Glasneubau verbindet. Nach einem erfolgreich bekämpften Legionellenbefall im Gebäude weiß das Team: Das bisher vorgeschriebene Nachweisverfahren dauert.
Betroffene wünschen sich effektivere Lösungen
In Deutschland erfolgt der Nachweis von Legionellen in Trinkwasserinstallationen gemäß der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere dem DVGW-Arbeitsblatt W 551. Das standardisierte Verfahren umfasst mehrere Schritte, die insgesamt etwa 10 bis 14 Tage in Anspruch nehmen können, bevor ein belastbares Ergebnis vorliegt. In dieser Zeit können sich bereits Menschen infizieren. Das führt zu Unsicherheit im Betrieb – und auch im Fall des Radialsystems zu einer hohen Motivation, die Entwicklung innovativer Alternativen aktiv zu unterstützen.
„Water Innovation Challenge“: Geburtsort für Ideen und Projekte
Entstanden ist die Idee eines Retreats zu Legionellen im Oktober 2023 im Rahmen der Water Innovation Challenge, die auf Initiative der IHK Berlin und der HWR Berlin mit ihrem Start Up Incubator (SIB) stattfand. Zahlreiche Gäste aus der Praxis und Forschung nahmen teil, um gemeinsame die Themenfelder Wasserverwendung, Schwammstadt Berlin und Wasserqualität zu diskutieren. Organisiert wurde die Veranstaltung von Mechthild Bonnen, die als Projektmitarbeiterin von Zukunft findet Stadt an der HWR Berlin für die Konzeption und Umsetzung von Innovation Work Retreats zuständig ist, und Falko Carl, der im Start Up Incubator Berlin (SIB) arbeitete.
Zwei Tage fokussierte Zusammenarbeit
Der daraus entstandene Innovation Work Retreat „Legionellen identifizieren – managen – bekämpfen“ fand im Dezember 2023 statt. Mit dabei: Professorinnen der Mikrobiologie, Ingenieur- und Rechtswissenschaften von drei Zukunft findet Stadt-Hochschulen, Vertreterinnen der Berliner Wasserbetriebe und - natürlich - der Radialsystem V GmbH. Am ersten Tag wurden Erfahrungen geteilt, Ziele definiert und das Gebäude besichtigt. Impulse kamen von Dr. Uta Böckelmann (Leiterin des Labors der Berliner Wasserbetriebe) und Holger Bueb (Technischer Leiter Radialsystem V).
Lösungsansatz mit klarem Ziel
Am zweiten Tag des Retreats entwickelten die Teilnehmenden erste Anträge, planten eine mögliche Umsetzung und diskutierten Strategien zur Risikokommunikation. In den Folgemonaten wurden digitale Nachtreffen organisiert und eine vollständige Antragsskizze erarbeitet. Das Ziel: Zur Entwicklung einer schnelleren und sicheren Analysemethode soll die Membranfiltration als wesentlicher Teilschritt in der Probenaufbereitung als ein Baustein untersucht und reproduzierbarer gemacht werden. Und natürlich: Die Entwicklung und Testung eines PCR- Tests, sodass verlässliche Ergebnisse innerhalb weniger Minuten möglich sind. Das würde Betreiber*innen öffentlicher Gebäude wie dem Radialsystem V im Verdachtsfall schnelle und spürbare Sicherheit verschaffen, bis das offiziell vorschriebene Laborverfahren abgeschlossen ist.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Antje Kaube vom Radialsystem V sagt: „Ich bin mehr als einmal erstaunt und glücklich aus unseren Meetings gegangen, weil der Wissenstransfer zwischen so unterschiedlichen Institutionen und Expert*innen ganz mühelos und sehr effektiv stattgefunden hat – einfach, weil wir gemeinsam an einem Tisch sitzen und ein gemeinsames Ziel haben.“
Allerdings: Angewandte Forschung braucht Fördermittel. Bislang war der Antrag bei einem Programm mit großer Konkurrenz nicht erfolgreich, doch die Projektgruppe gibt nicht auf. Vorschläge für passende Ausschreibungen sind daher sehr willkommen!
Kontakt
Hinweise werden dankend bei Leo Fenster gesammelt (leo.fenster@hwr-berlin.de).
Bei Interesse an einem Innovation Work Retreat kontaktieren Sie bitte Mechthild Bonnen (Wiss. Mitarbeiterin / HWR Berlin)
+49 (0)30 30877-2897
mechthild.bonnen@hwr-berlin.de